Zusammen diskutieren: Konferenz und Podiumsdiskussion «Gemeinsam für das Klima handeln» am 24. September 2019 in Neuchâtel. 
Zusammen diskutieren: Konferenz und Podiumsdiskussion «Gemeinsam für das Klima handeln» am 24. September 2019 in Neuchâtel. 
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Klimakampf der älteren Generation

Nicht nur junge Menschen setzen sich für den Schutz unseres Planeten ein. Auch ältere Menschen vom Verein Klima-Grosseltern sind an der Front. Drei Begegnungen.

Anne Onidi

«Die Liebe zu unseren Kindern könnte und müsste eine starke Kraft für Veränderung sein. Eine verantwortungsvolle Klimapolitik ist nichts anderes als klarsichtige Liebe.» Diese verbindenden Worte stammen von James Hansen, einem 81-jährigen amerikanischen Wissenschaftler.

In den 1980er-Jahren warnte er den US-Kongress vor den Gefahren der globalen Erwärmung. Heute ist er pensionierter NASA-Mitarbeiter und widmet sich im Namen seiner Enkelkinder dem Kampf für den Klimaschutz: «Ich möchte nicht, dass sie denken, ihr Grossvater habe zwar gewusst, was vor sich geht, es aber nicht öffentlich gemacht.» Die aktivistische Laufbahn dieses Mannes ist Vorbild für Seniorinnen und Senioren auf der ganzen Welt. In der Schweiz sind es rund 1000 Personen, die sich seit 2014 im Verein Klima-Grosseltern zusammengeschlossen haben.

Vielfältige Aktionen

In Norwegen entstand 2007 die erste Seniorengruppe, die sich für diese Thematik einsetzte. Später entstanden weitere Bewegungen von Eltern und Grosseltern in Schweden, den USA und Kanada. Inspiriert von diesen Initiativen rief die Westschweizer Zeitung «La Revue Durable» dazu auf, in der Schweiz eine Grosseltern-Klimabewegung aufzubauen. Der Aufruf wurde erhört und der Verein wurde 2014 gegründet.

Jedes Mitglied trägt auf seine eigene Art und Weise und entsprechend seiner Kompetenzen seinen Teil zum Ganzen bei.

Heute kann man die Mitglieder auf der Strasse antreffen, bei Demonstrationen an der Seite von Jugendlichen, bei Unterschriftensammlungen oder bei Informationsständen auf Märkten und Festen. Die Seniorinnen und Senioren schreiben auch Leserbriefe und Briefe an Politikerinnen und Politiker. Sie unterstützen konkrete Handlungen im Alltag und geben auch Praxis-Workshops zu den Themen Ernährung, Mobilität, CO2-Bilanz und Digitalisierung. Gleichzeitig haben sie es sich zur Aufgabe gemacht, zu informieren, indem sie Lehrvideos drehen und wissenschaftliche Konferenzen und Diskussionsrunden organisieren. Jedes Mitglied trägt auf seine eigene Art und Weise und entsprechend seiner Kompetenzen seinen Teil zum Ganzen bei.

Weitere Informationen unter:

Earth Overshoot Day

Der «Tag der Erdüberlastung» findet am 7. Mai von 10 bis 16 Uhr in Luzern statt. Wenn alle Menschen auf der Erde so leben würden wie die Schweizerinnen und Schweizer, würden sie die biologischen Ressourcen in nur vier Monaten, einer Woche und ein paar Tagen verbrauchen, für deren Erneuerung der Planet ein Jahr braucht. Weitere Veranstaltungen:

«Unser Antrieb ist die Liebe»

Laurence Martin, Echandens (VD), Gründungsmitglied seit 2014 und Co-Präsidentin des Vereins seit dem 31. August 2015

«Ich hatte eine lange Vereinskarriere hinter mir und wollte mich im Ruhestand etwas anderem widmen. Da ich viel Yoga praktiziert hatte, stellte ich mir vor, mich in der Meditation und in der Begleitung von Menschen zu engagieren. Ein Artikel in «La Revue Durable» brachte mich dazu, wieder in den gemeinnützigen Dienst einzutreten. Darin wurde über Seniorinnen und Senioren berichtet, die sich in den USA für den Klimaschutz einsetzen,darunter James Hansen. Es gab auch einen fiktiven Brief, in dem Enkelkinder ihren Grosseltern schrieben: «Ihr habt es gewusst und habt nichts unternommen.» Das war ein Schockmoment. Ich dachte, ich müsse mit anderen zusammenarbeiten, um dieses schwerwiegende Problem anzugehen. Unsere westliche Zivilisation hat sich in eine Sackgasse manövriert, und auch wenn wir es nicht gewollt haben, müssen wir uns eingestehen, dass wir etwas damit zu tun haben. Ich trat dem Verein in seinen Anfängen 2014 in Lausanne bei und bin nun Co-Präsidentin. Da ich täglich mehr als 50 E-Mails erhalte, bin ich viel in meinem Büro. Aber ich liebe die Arbeit vor Ort und habe schöne Erinnerungen an die Veranstaltungen, die wir mit den Jugendlichen mit ihrer wunderbaren Energie durchgeführt haben. Als Allrounderin finde ich gerne Verknüpfungspunkte zwischen Menschen und achte stark darauf, dass zwischen ihnen Harmonie herrscht. Mein Mann und ich haben sechs Enkelkinder, von denen fünf im Ausland leben. Ich glaube, es gefällt ihnen, dass ihre Grosseltern sich für das Klima einsetzen und ständig am Computer sitzen. Der Älteste, der in den USA lebt, hat in der Zeitschrift seiner High School einen Artikel über das Klima verfasst. Ich fand dies mutig, denn unter Trump war das Thema dort so gut wie nicht existent. Und unsere zweitjüngste Enkelin hat Greta Thunberg ihrer Klasse am Frauentag, dem 8. März, vorgestellt. Unser Antrieb ist die Liebe zu den Enkelkindern und die Hoffnung, dass das Abenteuer Leben unter bestmöglichen Bedingungen weitergeht. Oder besser gesagt, dass das Leben lebenswert bleibt ... Das ist leider weniger begeisternd als die «bestmöglichen Bedingungen», aber es ist schon sehr spät und die Verschlechterungen sind bereits im Gange.»

«Wir tun unser Bestes, mit wenig Illusionen, aber viel Enthusiasmus»

Jean Berner, Luzern, Mitglied seit 2018

«Während meiner Laufbahn als Arzt war ich Mitglied des Vereins Ärztinnen und Ärzte für Umweltschutz. Ich habe mich dort engagiert, um unter anderem den Abfall in Krankenhäusern zu reduzieren. Vor drei Jahren folgte ich zusammen mit anderen Kollegen einer Einladung zur Gründung von regionalen Grosseltern-Klimagruppen. Wir dachten, dass wir etwas zu dieser Bewegung beitragen könnten, und brachten 50 Personen zusammen. Im Mittelpunkt unseres Vereins steht die Kameradschaft: Wir tun unser Bestes, mit wenig Illusionen, aber viel Enthusiasmus! Wir organisieren alle Arten von Aktivitäten, beispielsweise Waldspaziergänge, bei denen wir unter Anleitung eines Forstingenieurs die verschiedenen Baumarten kennenlernen. Wir unterstützen auch die Gletscher-Initiative und haben einen Ausflug organisiert, um das Schmelzen der Gletscher zu beobachten. Ich engagiere mich hauptsächlich, indem ich Briefe an Zeitungen schreibe, um die Bevölkerung für Umweltprobleme zu sensibilisieren. Zuletzt habe ich einen Leserbrief in einer Luzerner Zeitung veröffentlicht, in dem es ums Energiesparen beim Transport und beim Heizen ging. Ich habe einen Brief an alle Parlamentarierinnen und Parlamentarier geschrieben und sie aufgefordert, am 2. Mai teilzunehmen (freiwillige Schulung zu Klimafragen durch Schweizer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Weltklimarats). Mich in diesen Kampf zu engagieren, gibt meinem Leben einen Sinn. Dies ermöglicht mir, mit anderen Generationen in Kontakt zu bleiben und, da ich zweisprachig bin, den Austausch mit der Westschweiz zu verstärken. Ich habe vier Enkelkinder, mit denen ich über dieses Thema spreche.»

«Im Rahmen einer Bewegung kann man mehr erreichen»

Marc Treboux, Neuchâtel, Mitglied seit 2018

«Ich war Kantonschemiker, habe mich politisch engagiert und war zehn Jahre lang in der Fédération romande des consommateurs aktiv. Als ich eingeladen wurde, dem wissenschaftlichen Rat der Klima-Grosseltern beizutreten, habe ich zugesagt, da ich schon lange für diese Themen brenne. Ich bringe dort mein Wissen über die Umweltauswirkungen der Landwirtschaft ein. Ausserdem bin ich Mitglied einer Arbeitsgruppe mit dem Schwerpunkt Politik, in der wir darüber nachdenken, wie wir unsere Lobbyarbeit intensivieren können. Parallel dazu kümmere ich mich um die Koordination der Gruppe in meiner Region. Dieses Engagement bringt mir die Zufriedenheit, etwas zu tun. Man kann als Einzelperson handeln, indem man die Menschen in seinem Umfeld sensibilisiert. Im Rahmen einer Bewegung kann man jedoch noch mehr erreichen. Ich finde es wichtig, von den theoretischen Diskussionen wegzukommen und sich vor Ort zu engagieren. Ich gehörte zu denjenigen, welche die Aktionen von Extinction Rebellion in Zürich (Strassenblockaden, die im Oktober 2021 durchgeführt wurden und zur Verhaftung von rund 100 Aktivistinnen und Aktivisten führten, darunter einige Klima-Grosseltern) und Guillermo Fernandez in Bern (Familienvater, der mit einem 39-tägigen Hungerstreik erfolgreich forderte, dass Parlamentarierinnen und Parlamentarier über die Klimadringlichkeit geschult werden) unterstützt haben. Ich habe vier Enkelkinder und das Klima ist Thema in der ganzen Familie. Ich bin sehr pessimistisch, was die Zukunft betrifft, und glaube an einen Zusammenbruch. Die Menschheit wird nicht aussterben, sondern wird gezwungen sein, ihre Muster zu ändern. Die Menschen meiner Generation müssen den jungen Menschen Werte vermitteln – denn sie werden eine andere Art von Gesellschaft aufbauen müssen. Diese philosophischen Fragen beschäftigen mich sehr.»

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