Am Anfang eines neuen Kleidungsstückes steht bei Rework die Design-Idee. Danach wird primär in riesigen Sortierwerken in Asien nach 
passenden Stoffen gesucht. 
Am Anfang eines neuen Kleidungsstückes steht bei Rework die Design-Idee. Danach wird primär in riesigen Sortierwerken in Asien nach passenden Stoffen gesucht.  Credit: Keystone
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Die Wiederbelebung alter Shirts und Hosen

Textilbranche Das Modeunternehmen Rework setzt auf neu zusammengenähte Altkleider. Mit diesem Upcycling-Konzept will die Berner Firma das Leben von Kleidern verlängern – ein Beispiel für Kreislaufwirtschaft.

Simone Klemenz

Kaspar Schläppi hat ein Problem. Der Geschäftsführer des jungen Modeunternehmens Rework hat aus Versehen zwei Interviewtermine gleichzeitig. «Wir empfinden das Problem, Termine zu koordinieren, als grosses Privileg, endlich werden wir wahrgenommen», sagt Schläppi und lacht.

Das Interesse an Rework sei in den vergangenen Monaten stark gewachsen. Dazu beigetragen hat wohl auch der zentral gelegene Pop-up-Store in der Nähe des Berner Bahnhofs, der ab Juni mit einem dauerhaften Verkaufsgeschäft an der Marktgasse 58 weitergeführt wird.

Der Nachhaltigkeitstrend hat die Fashion-Welt erreicht. Die Frage, ob ein Umdenken nötig ist, beantworten die Zahlen: Mit 1,7 Milliarden Tonnen CO2 trägt die Branche laut dem WWF signifikant zu den globalen Treibhausgasemissionen bei. Im Rework-Store sind an diesem Nachmittag nicht nur Junge unterwegs, auch ältere Frauen schauen sich die verschiedenen Teile an. Ob die Kundinnen wissen, dass es sich bei den Kleidungsstücken um Altkleider handelt, die auseinandergeschnitten und neu zusammengenäht wurden? Dass dies vielen gar nicht bewusst ist, sei eigentlich das grösste Kompliment, sagt Schläppi.

Vintage wird Secondhand

Rework setzt also auf Secondhand-Mode, wobei Schläppi dieses Wort erst seit Kurzem wieder in den Mund nimmt: «Früher habe ich immer von Vintage geredet, da Secondhand negativ behaftet war.» Doch was als verstaubt galt, stösst heute auf Interesse. Das ausschlaggebende Argument: Für Secondhand-Kleidung ist keine Materialproduktion nötig. «Es braucht keine Anbauflächen, keine Chemikalien, kein Wasser», resümiert Schläppi. Damit sei Mode aus zweiter Hand einem neu fabrizierten Produkt so oder so überlegen.

Drei Jahre jung ist die Rework AG, die Anfang 2019 als Tochterfirma der Vintage Textile GmbH gegründet wurde, die seit 1992 unter dem Namen Fizzen Verkaufsgeschäfte führt. Unterdessen beschäftigt das Unternehmen in der Schweiz dreissig Angestellte und ist zusammen mit Fizzen an acht Standorten in den Städten Bern, Basel, Luzern, St. Gallen und Zürich präsent. Entstanden ist die Grundidee eigentlich bereits vor 15 Jahren – in Indien. Dort landet ein Grossteil jener Kleidung, die im Westen nicht mehr gebraucht wird, in riesigen Sortierwerken. Beim Anblick dieser Kleiderberge keimte in Kaspar Schläppi die Idee auf, diese Kleider wieder in den Umlauf zu bringen. Stichwort: Kreislaufwirtschaft.

«Für Secondhand-Kleidung braucht es keine Anbauflächen, keine Chemikalien, kein Wasser.»

Nach diesem Prinzip entstehen die Kleider von Rework heute: «Wir arbeiten mit sogenannten Vintage-Pickern, die in den Kleiderbergen des globalen Altkleidermarktes nach passenden Stoffen für unsere Designs suchen, um diese zu neuen Stücken zusammenzunähen», erklärt Schläppi. Fünfzig von Rework angestellte Näherinnen und Näher stellen dann in eigenen Nähateliers in Indien und Thailand die neuen Kollektionen her.

Wertige Materialen gesucht

Den Umweg über Asien würde sich Schläppi gerne sparen, allerdings sei die Produktion in der Schweiz zu teuer, insbesondere weil Rework die Secondhand-Waren nicht zu Designer-Preisen verkaufen will. Das Rework-Team hat diesbezüglich aber einen Plan: «Wir haben in Bern eine Halle gemietet, wo wir eine richtige Kleiderproduktion aufbauen möchten.» Details verrät der Geschäftsführer aber noch keine. Zudem soll nach weiteren Möglichkeiten gesucht werden, um bereits in der Schweiz an Secondhandkleidung zu gelangen. «Wir möchten die Bevölkerung aufrufen, die hinteren Regionen der Schränke nach Kleidern zu durchforsten, die sich für den Upcycling-Prozess eignen. Das sind insbesondere natürliche und wertige Materialien wie Leinen, Seide, Leder und Baumwolle wie Jersey, Cord und Denim.»

Noch bewegt sich Rework mit seinem Angebot in einer Nische. Doch die Versuche, sich neu zu erfinden, häufen sich derzeit in der Modebranche. Ob dem gesteigerten Interesse an nachhaltiger Mode aber auch Taten auf der Konsumentenseite folgen werden, gilt es wohl noch anzuzweifeln. «Zuletzt ist der Gebrauch von Schuhen, Bekleidung- und Haustextilien einem zunehmend rapiden Verbrauch gewichen», heisst es in einer Studie (2020) des Fachverbands Textilrecycling (bvse), die Daten aus Deutschland analysiert. Zudem habe sich deren Qualität nicht verbessert. Kaspar Schläppi hofft trotzdem: «Wer einmal erfahren hat, wie gut es sich anfühlt, etwas Wertiges zu kaufen und es über längere Zeit mit Liebe zu tragen, wird nicht wieder zur Billig- und Wegwerfmode zurückkehren wollen.»

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