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Krypto jenseits von Bitcoin

«Finanz und Wirtschaft» hat sich Blockchain-basierte digitale Assets abseits der Kryptowährungen angesehen.

Siegmund Skalar, Erschienen in: Finanz und Wirtschaft, Nr. 25, 30. März 2022

Risikobereite Investoren greifen für Kryptoinvestments nach wie vor tief in die Tasche. Andreessen Horowitz, ein amerika­nischer Risikokapitalgeber, hat im Januar einen neuen, 4,5 Mrd. $ schweren Kryptofonds lanciert. Auch Sequoia Capital will einen 600-Mio.-$-Fonds in diesem Bereich aufsetzen. Dabei gehts nicht nur um Bitcoin und Co. «In der digitalen Welt können neue Vermögenswerte entstehen», sagt Lukas Hoppe vom Schweizer Asset-Manager Alpine Select, der ebenfalls im Kryptobereich engagiert ist. Als Grundlage für die digitalen Vermögenswerte fungiert die dezentrale Blockchain. «Wenn man von digitalen Assets spricht, dann sind das auch das Metaversum, Gaming und die NFT-Infrastruktur.» Die durch Kryptowährungen etablierte Infrastruktur steht hinter den Plattformen, die einen Zugang zum Metaversum versprechen und derzeit vom Boom von virtuellem Land profitieren. Im Bereich NFT ermöglicht die Blockchain einen Milliardenmarkt mit digitalen Spekulationsobjekten. DeFi verspricht etablierte Finanzprozesse wie die Kreditvergabe zu revolutionieren und lockt Investoren beim Yield Farming mit teils extrem hohen Renditen. Eine zentrale Rolle spielen dabei Tokens, die Investoren die Möglichkeit bieten, sich an Projekten und Assets zu engagieren, die vorher für Anlagen nicht zugänglich waren.

Virtuelles Land
Ein Stück Metaversum für zu Hause

Der US-Immobilienentwickler Republic Realm hat im November 2021 4,3 Mio. $ für ein Grundstück bezahlt. Die Parzelle liegt jedoch in keiner Stadt, sondern auf der virtuellen Plattform Sandbox, einer Online-3-D-Spieleumgebung in blockartiger Lego-Ästhetik. Im Metaversum, dem Internet der nächsten Generation, sollen sich die frei beweglichen Avatare treffen, virtuel l arbeiten und spielen. Bevor man die entsprechenden Spiele und 3-D-Erfahrungen ­einrichten kann, braucht es aber einmal virtuellen Raum, wo die Erlebnisse mo­delliert werden können. Dabei kommen virtuelle, Blockchain-basierte Welten auf Plattformen wie Sandbox, Decentraland und Somnium Space ins Spiel. Auch wenn auf den virtuellen Plattformen derzeit nur weniger als hundert Besucher gleichzeitig am selben Ort anzutreffen sind, könnte die Wette durchaus aufgehen. Unternehmen wie Samsung, JPMorgan und Sotheby’s haben eine virtuelle Präsenz in Decentraland eröffnet, wo die teuerste Parzelle bisher für 2,5 Mio. $ den Besitzer gewechselt hat.

Hohe Erwartungen

Der gesamte Wert des verfügbaren Landes auf Sandbox, wo Unternehmen wie PwC und Gucci virtuell die Zelte aufgeschlagen haben, würde derzeit rund 2,1 Mrd. $ erreichen – falls alle Flächen verkauft würden, schätzt Republic Realm. «Die Preise sind stark von Zukunftserwartungen geprägt und reflektieren nicht den aktuellen Stand der Möglichkeiten», meint Professor Fabian Schär von der Universität Basel, der in einer Studie die Dynamiken der Preis­bildung für virtuelles Land untersucht hat. Auch im Metaversum herrscht eine Aufmerksamkeitsökonomie, merkt Schär an. Je höher die Erwartungen zur Besucherfrequenz für ein Stück virtuelles Land, desto höher der Preis. «Hinzu kommen Effekte, die man beispielsweise von Internet-Domains kennt: Webseiten, die einprägsamer sind, haben einen gewissen Wert. Ähnliches beobachten wir auch mit den Adressen im Metaversum», ergänzt Mitchell Goldberg, Co-Autor der Studie.

Besonders Landstücke in der Nähe von wichtigen Orten, virtuellen Geschäften oder leicht merkbaren Adressen erzielen aktuell also die höchsten Preise – nicht unähnlich der Realität. Anders als in teuren Innenstadtlagen ist der Werttreiber im Digitalen ­jedoch eine künstliche Knappheit. Jede der erlebbaren Welten besteht aus einer beschränkten Anzahl virtueller Landparzellen, bei Decentraland etwa rund 90 000.

Ähnlichkeit mit Start-ups

Die virtuellen Welten haben zudem eigene Kryptowährungen, deren Kurs den hypothetischen Marktwert des gesamten Metaversum-Projekts reflektiert. Alle gemeinsam haben diese Tokens – darunter Namen wie Mana, Sand, Somnium Space Cubes –, dass ihr Wert sich im November 2021 mit der Umbenennung von Facebook zu Meta plötzlich vervielfacht hatte. Seitdem ging es bergab. «Die Tokens können zwar für die Wirtschaft der jeweiligen Welt genutzt werden, ob sie dort zum dominanten Tauschmittel werden, ist aber fraglich», findet Schär.

Der Kauf der virtuellen Assets selbst ist hoch spekulativ, denn nur wenige der Projekte werden sich langfristig durchsetzen können. Falls die Welten kollabieren oder keine kritische Masse erreichen, droht der Grundbesitz im Metaversum gar wertlos zu werden. Republic Realm, die sich mittlerweile in Ever­realm umbenannt hat, federt dieses Risiko mit Investitionen in insgesamt 25 verschiedene Metaversum-Projekte ab. «Man investiert in eine Industrie, die Ähnlichkeiten zu Start-ups aufzeigt. Man kann hohen Gewinn erzielen, vielleicht endet es aber auch im Total­verlust», meint Goldberg. «Es besteht eine gewisse Gefahr, dass dies den ­Investoren nicht immer klar ist.»

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Token Mehr als nur Währungen

Am Anfang eines neuen Blockchain-Projekts steht oftmals ein sogenanntes Initial Coin Offering (ICO). Darin wird eine beschränkte Anzahl digitaler Wertrechte in Form von Coins oder Tokens ausgegeben. Asset-Manager und Anlagefonds investieren vor allem in sogenannte Währungstokens wie Ether und Bitcoin, die für Zahlungen verwendet werden. Tokens können im Gegensatz dazu aber auch als reines Wertaufbewahrungsmittel fungieren. Auf diese Art erstellte Tokens repräsentieren Anteile von Vermögenswerten und sind ­damit am ehesten vergleichbar mit ­Aktien oder Obligationen. Als Käufer von sogenannten Wert­aufbewahrungstokens erhält man, anders als bei Bitcoin, Ansprüche gegenüber dem Emittenten, der die Coins ­ausgegeben hat. Wird der jeweilige begebene Token gekauft, wird man beispielsweise zum Besitzer von Anteilen. Sie können auf der Blockchain den ­Besitzer wechseln – ohne zusätzliche Verträge und physische Transaktionen. Der Wert des Tokens korreliert mit dem Preis des tokenisierten Assets. Was tokenisiert werden kann? So ziemlich alles.

Token als Anteilsschein

Bei dem als Stablecoin bekannten Pax Coin ist jeder der Tokens mit einer Feinunze Gold besichert, die per Seriennummer verfolgbar ist. Anfänge gibt es auch im Bereich Immobilien: Der Berliner Anbieter Brickblock hat ein ganzes Mehrfamilienhaus in der Nähe von Frankfurt tokenisiert, wo die Investoren in den proprietären Brickblock-Tokens ausgezahlt wurden. Beim US-Immo­bilienanbieter RealT lassen sich zum Einstiegspreis von 50 $ Fraktionen von ­Häusern in der US-Stadt Detroit kaufen. Ein weiteres Anwendungsfeld ist der Bereich Kunst und Raritäten: Die Schweizer Bank Sygnum, spezialisiert auf digitale Vermögenswerte, hat beispielsweise neben einer Weinsammlung auch eine Malerei von Pablo Picasso tokenisiert. «Tokenisierung schlägt die Brücke zu neuen Investitionsmöglichkeiten, die bisher schwer zugänglich waren», erklärt Fatmire Bekiri, die den Bereich Tokenisierung bei Sygnum leitet. Sygnum hat auch einen NFT aus der zu Millionenbeträgen handelnden Cryptopunk-Serie tokenisiert. «Durch die Fraktionalisierung wurde die Mindestinvestitions­summe und damit die Investitionsbarriere drastisch gesenkt», sagt Bekiri. Mit dem NFT selbst hat die Tokenisierung aber nichts zu tun. Denn die Tokens, die Miteigentum an dem Cryptopunk repräsentieren, sind, anders als bei NFT, sehr wohl austauschbar und können anschliessend auf einer Plattform von Sygnum gehandelt werden.

Liquidität nicht garantiert

Wie viele Anteile oder Coins ausgegeben werden, steht im jeweiligen White Paper, quasi dem Prospekt eines neuen Blockchain-Projekts. Für die Erstellung der Tokens ist zudem der für alle sichtbare und mit der Blockchain interagierende Smart Contract notwendig, der die jeweilige Geschäftslogik – quasi die Aufgabe der Tokens – vorgibt. Der Vorteil des Prozesses der Tokenisierung liegt vor allem darin, die Trans­ferierbarkeit von Vermögenswerten zu erleichtern. So bleiben bei einem Verkauf der millionenteure Picasso und die Goldbarren weiter im Safe. Nur die Tokens wechseln innerhalb von Minuten den Besitzer. Dank der Blockchain ist die Transaktion verifizierbar.

Allein durch die Emission eines Tokens kommt jedoch noch kein funktionierender und liquider Markt zustande, das gilt auch für die einzigartigen NFT. Zwar versprechen DeFi-Anwendungen künftig neue Märkte zu schaffen, doch sind Anleger derzeit vor allem auf die ­jeweiligen Handelsplätze der Emittenten angewiesen. Auf diesen Sekundärmärkten ist oft unklar, ob und wann ein Token den Besitzer wechseln kann. Und nur weil Kryptotokens gehandelt werden, macht sie das nicht auch per se wertvoller oder liquider. Die Blockchain selbst kreiere keine neuen Vermögenswerte, sondern vereinfache vor allem den Zugang zu bestehenden, heisst es daher von Sygnum.

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