Sponsored

Geld macht doch glücklich

Reiche haben eine grössere Chance auf Lebenszufriedenheit.

Susanne Toren

Bekanntlich macht Geld allein nicht glücklich. Im Einzelfall lassen sich todunglückliche Hocheinkommensbezieher genauso finden wie Menschen mit geringem Einkommen und hohem Wohlbefinden. Dennoch weist schon die Redewendung darauf hin, dass Vermögen und Zufriedenheit wohl miteinander zusammenhängen, sprich: korreliert sein müssen. Aber gibt es neben der Korrelation auch eine Kausalität, wonach mehr Geld wirklich zu mehr Wellbeing führt?

Das scheint intuitiv, gibt Einkommen doch schon allein mehr Sicherheit, die Grundbedürfnisse zu befriedigen, und mehr Möglichkeiten etwa der medizinischen Versorgung oder der Freizeitgestaltung. «Reiche haben zumindest eine grössere Chance auf eine höhere Lebensqualität», meint denn auch Glücksforscher Jan Delhey von der Universität Magdeburg.

Wohlstand ist nicht von ungefähr Ziel der normativen Ökonomie, was schliesslich auch in ihren prominenten BIP- oder BIP-pro-Kopf-Indikatoren zum Ausdruck kommt. Seit der Jahrtausendwende sind diese BIP-Messungen von weiteren Dimensionen zum sogenannten Wellbeing Indicator erweitert worden, in den neben dem (BIP-)Einkommen auch weitere, objektiv messbare Faktoren einfliessen wie beispielsweise die Lebenserwartung.

Die ökonomisch-empirische Zufriedenheitsforschung ist hingegen noch ein relativ junger Zweig der Wirtschaftsforschung, sie analysiert Befragungsdaten zur individuellen, subjektiv empfundenen Zufriedenheit. Etliche Forschungsarbeiten befassen sich mit der Frage, ob mehr Einkommen resp. Vermögen zu mehr Zufriedenheit führt. Gemäss typischer volkswirtschaftlicher Lehre sollte mehr Geld mit mehr Nutzenmöglichkeiten einhergehen, allerdings mit allmählich abnehmendem Grenznutzen.

Das 75 000-$-Plateau

Aber gilt dieser positive Zusammenhang zwischen Einkommen und Zufriedenheit immerfort? Es war kein Geringerer als der Nobelpreisträger Daniel Kahneman, der zusammen mit dem Ökonomen Angus Deaton in einer 2010 veröffentlichten Forschungsarbeit belegte, dass ab einem Plateau von 75 000 $ die Zufriedenheit nicht mehr grösser wird. Ihre Erklärung: Ab dieser Schwelle sei es Menschen wahrscheinlich nicht mehr möglich, das zu tun, was für das emotionale Wohlbefinden am meisten zähle, wie Zeit mit der Familie zu verbringen.

Diesen Grenzwert hat nun der Psychologe Matthew Killingsworth von der University of Pennsylvania mit seiner 2021 herausgegebenen Studie widerlegt. Für seine Arbeit fragte er mehr als 33 000 erwerbstätige Erwachsene in den USA an zufälligen Zeitpunkten des Tages über eine App: «Wie fühlen Sie sich gerade?» Anders als zehn Jahre zuvor deuten seine Ergebnisse darauf hin, dass ein höheres Einkommen sowohl mit einem besseren Gefühl im Alltag als auch mit einer ­höheren Lebenszufriedenheit insgesamt einhergeht.

Und auch das Deutsche Institut für Wirtschaft (DIW) hat unlängst festgestellt, dass Menschen mit mehr Vermögen zufriedener sind als solche mit weniger. Den Auswertungen zufolge haben gerade Millionäre in Deutschland die grösste allgemeine Lebenszufriedenheit (vgl. Grafiken).

Je reicher, desto glücklicher

Gemeinsam haben die beiden Wissenschaftler – Kahneman und Killingsworth – nun eine neue wissenschaftliche Arbeit mit dem Titel «Ein gelöster Konflikt» veröffentlicht. Sie gingen in den detaillierten Daten von Killingsworth erneut auf die Suche nach der Schwelle und stellten fest: Anders, als es Kahneman und Deaton 2010 annahmen, zeigt sich das Plateau bei 75 000 $ nicht in der Breite der Bevölkerung, sondern nur bei den unglücklichsten 15 % der Stichprobe. Ab einem Einkommen von 75 000 $ steigt die Zufriedenheit der ohnehin unglücklichen Menschen kaum mehr – der Unterschied zwischen 75 000 und 400 000 $ ist marginal. Die Zufriedenheit der übrigen Menschen nimmt mit mehr Einkommen aber sehr wohl zu.

Nunmehr kaum verwunderlich, rangieren die skandinavischen Staaten beim Anfang der Woche veröffentlichten «World Happiness Report» auch dieses – wie jedes – Jahr auf den vordersten Plätzen. Die nordeuropäischen Länder sind auch im internationalen Vergleich der Pro-Kopf-Einkommen unter den wohlhabendsten zu finden.


Erschienen in: Finanz und Wirtschaft, Nr. 22, 22. März 2023

Themenspezifische Specials

Mit themenspezifischen Specials, welche als zusätzlicher Zeitungsbund erscheinen, bietet der Tages-Anzeiger ihren Leserinnen und Lesern regelmässig einen attraktiven Mehrwert.