Vom Anwalt zum Biobauer? Mitgründerin Ondine Riesen wünscht sich, dass sich die Mitglieder dank Ting ohne jeglichen Druck so entwickeln können, wie sie sich das insgeheim schon lange wünschen.
Vom Anwalt zum Biobauer? Mitgründerin Ondine Riesen wünscht sich, dass sich die Mitglieder dank Ting ohne jeglichen Druck so entwickeln können, wie sie sich das insgeheim schon lange wünschen. Credit: Carlo Hafen
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Die Community für den Lebenstraum

Ohne finanziellen Druck etwas Neues wagen – die Plattform Ting machts möglich. Ihre Mitglieder zahlen monatlich einen Betrag ein. Dafür können sie Geld beantragen, um ein persönliches Projekt voranzutreiben.

Denise Muchenberger

Vertrauen schenkt Ting ganz umsonst. Aber nicht nur das: Die Mitglieder der Community können für zwei bis sechs Monate ein Gehalt von maximal 2500 Franken beziehen, finanziert wird dies durch das gemeinsam angehäufte Vermögen. «Natürlich prüfen wir jeden Antrag gründlich», sagt Ting-Mitgründerin Ondine Riesen. Wer finanzielle Unterstützung benötigt, reicht online ein Formular ein, berichtet über die Motivation, den gesellschaftlichen Nutzen, das eigene Entwicklungspotenzial. «Ein handfestes Konzept muss vorliegen, auch ethische Komponenten sind uns wichtig. Woran wir die Zusage allerdings nicht koppeln, sind konkrete Erfolgsergebnisse», sagt Riesen.

Wer beispielsweise eine Weiterbildung zur Kunsttherapeutin absolvieren möchte, muss danach keine Bilanzen aus dem Therapie­alltag vorweisen. «Uns geht es vielmehr darum, dass sich unsere Mitglieder ohne jeglichen Druck so entwickeln können, wie sie sich das insgeheim schon lange wünschen.» Den Anwaltsjob an den Nagel hängen und stattdessen einen biologischen Bauernhof führen – oder der monotonen Büroarbeit Ade sagen, um ein Buch zu schreiben.

Aber ist das wirklich von Nutzen für die Gesellschaft? «Mit dieser Frage sind wir immer wieder konfrontiert. Ich kann sie definitiv mit Ja beantworten. Denn wenn wir unsere Stärken ausleben können und so Zufriedenheit finden, strahlen wir Positivität und Freude aus. Davon profitiert das gesamte Umfeld», sagt Riesen.

Befreiendes Gefühl

Dass neue Energien freigesetzt werden, wenn man sein Herzensprojekt vorantreiben kann, hat auch Ting-Mitglied Miriam Nietlispach erlebt. Sie hat viele Jahre als Produktionsdesignerin in einem Innovationslabor gearbeitet, ging in ihrer Arbeit auf, fand sie erfüllend, kam aber zunehmend ins Grübeln. «Menschen, die Produktdesign studieren, wollen die Welt ein bisschen schöner machen, schleusen aber mit neuen Produkten immer wieder neue Materialien in den Kreislauf ein», sagt sie. Nachhaltig sei das nicht, wurde sie sich klar. Doch als Haupternährerin der Familie war sie auf das monatliche Einkommen angewiesen. Während innerlich die Sehnsucht nach einem anderen Ansatz grösser wurde, war da auch der Druck, die Existenz der Familie zu sichern. Erst ihre Mitgliedschaft bei Ting hat den Knoten gelöst und neue Prozesse in Gang gebracht. «Ich wusste, dass ich auf die Unterstützung der Community zählen kann, wenn ich soweit bin und meine neue Geschäftsidee ausformuliert habe. Das war extrem befreiend.»

«Wenn wir unsere Stärken ausleben können und so Zufriedenheit finden, strahlen wir Positivität und Freude aus.»

Bis Miriam Nietlispach den Job kündigte, dauerte es noch etwa ein Jahr. Dann hat sie bei Ting den Antrag für ein sechsmonatiges Basisgehalt gestellt und mit einem Teamkollegen ein Unternehmen gegründet, das Konzepte für eine nachhaltige Zukunft entwickelt. «Es ging bei der Prüfung des Antrags nie darum, wie spannend oder lukrativ mein Business-Modell war, sondern um meine ganz persönliche Weiterentwicklung.»

Kein Notfallprogramm

Doch wie genau funktioniert das Modell? Die aktuell gut 430 Mitglieder haben drei Abonnemente zur Auswahl: Entweder sie unterstützen Ting als «Enablerinnen» mit 10 Franken monatlich ohne Anspruchsrechte. Die sogenannten «Boosterinnen» zahlen mindestens 65 Franken monatlich auf das Gemeinschaftskonto ein und können maximal zwei Monate Geld beziehen. Rund die Hälfte der Community sind «Transformer*innen»: Mit mindestens 150 Franken pro Monat zahlen sie den höchsten Betrag ein, können dafür aber auch bis zu sechs Monaten ein Gehalt beantragen.

Ting

Ting wurde Anfang 2020 von Ondine Riesen, Silvan Groher, Ralph Moser und der Zürcher Denkfabrik Dezentrum gegründet. Aktuell hat Ting etwas über 430 Mitglieder, die mindestens 65 respektive 150 Franken pro Monat einzahlen. Mit 10 Franken monatlich kann man Ting auch symbolisch unterstützen, erhebt allerdings keinerlei Anspruchsrechte. Seit dem Start konnten bereits 45 Mitglieder Geld beziehen, sieben weitere befinden sich in der Warteschlange, sieben Anträge wurden bisher abgelehnt. Ting wird vom Migros-Pionierfonds unterstützt. Um selbsttragend sein zu können, strebt die Plattform schweizweit rund 3000 Mitglieder an.

Ondine Riesen hat Ting vor drei Jahren mitgegründet.
Ondine Riesen hat Ting vor drei Jahren mitgegründet. Credit: Juri Seger

«Wichtig zu wissen ist, dass wir nicht kurzfristig in die Bresche springen, wenn jemand in eine finanzielle Notlage gerät. Wer unserer Community beitritt, kann erst nach sechs Monaten einen Antrag stellen», sagt Ondine Riesen. Weil immer nur etwa acht Prozent der Mitglieder gleichzeitig Gelder beziehen können, gibt es auch eine Warteschlange, je nachdem wie viele Anträge gleichzeitig eingereicht werden. «So verhindern wir, dass der Geldfluss irgendwann versiegt.» Monatlich werden aktuell 34 000 Franken umverteilt, wenn die Community wächst, kann also auch mehr Geld ausbezahlt werden. Werden Mitgliedschaften gekündigt, geht das gemeinschaftliche Guthaben zurück. Dass jemand sechs Monate Geld bezieht und danach aus der Community austritt, sei aber kaum der Fall, sagt Riesen. Es gehe bei Ting um ein langfristiges Commitment. Und darum, das geballte Wissen innerhalb der Community zu teilen.

Alle Mitglieder legen auf der digitalen Plattform ein Profil an, das von den anderen einsehbar ist. Mittels Suchfunktion kann man beispielsweise einen Architekten suchen und ihn um Rat bei einem nachhaltigen Bauvorhaben fragen. Oder die Frage in die Runde werfen, wer schon Erfahrung mit dem Aufbau eines Permakultur-Gartens hat. «Wir organisieren auch regelmässig Events, um uns persönlich auszutauschen, Erfahrungen zu teilen, den Gemeinschaftssinn zu pflegen und zu nähren», sagt sie.

Software für Spitäler

Genau dieses Miteinander hat auch Mike Schälchli überzeugt, der seit bald zwei Jahren Mitglied bei Ting ist. Er stellt sein Wissen – der 33-Jährige hat Informatik und Data Science studiert – gerne der Community zur Verfügung und wäre beispielsweise offen dafür, einen Workshop für den Aufbau einer eigenen Website anzubieten. «Ich finde es spannend, dass wir uns gegenseitig unterstützen und inspirieren können. Auch ich durfte ein halbes Jahr Geld beziehen und in dieser Zeit mein Start-up weiter vorantreiben», sagt er.

Gemeinsam mit einem Business-Partner hat Schälchli eine Software zur Erkennung von Mangelernährung in Spitälern entwickelt, das Felix-Platter-Spital in Basel hat es bereits im Einsatz. Für ihn ist eines sicher: Wenn er mit dem Start-up einstweilen richtig Erfolg hat, möchte er Ting einen höheren monatlichen Betrag bezahlen, damit noch viele andere Mitglieder die Chance bekommen, sich selbstbestimmt weiterzuentwickeln.

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