Fussball bietet ein ganzheitliches Training und – wird es kontaktlos gespielt – sinkt auch die Verletzungsgefahr. Der Ballsport fördert das Herz-Kreislauf-System, die Muskelkraft und das Gleichgewicht.
Fussball bietet ein ganzheitliches Training und – wird es kontaktlos gespielt – sinkt auch die Verletzungsgefahr. Der Ballsport fördert das Herz-Kreislauf-System, die Muskelkraft und das Gleichgewicht. Credit: Adobe Stock
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Richtig trainieren ab 65

Welche Sportart ist für ältere Menschen geeignet und wie viel Bewegung ist ideal? Professor Oliver Faude forscht am Departement für Sport, Bewegung und Gesundheit der Universität Basel. Er weiss Rat und gibt Tipps zum Sporttreiben im Alter.

Maria Künzli

Herr Faude, ab welchem Alter spricht man von Senioren­sport?
Generell ab dem Pensionsalter, also ab circa 65. Aber die Leistungsfähigkeit der Muskelmasse, die Muskelkraft, nimmt schon deutlich früher ab; merkbar ab dem vierzigsten Lebensjahr. Die Kraft verringert sich um ungefähr 10 Prozent pro Lebensdekade. Ab dem sechzigsten Lebensjahr beschleunigt sich das Ganze und die Muskelkraft lässt noch schneller nach.

Was bedeutet das für ältere Menschen im Alltag?
Wir wissen, dass der Kraftverlust mit der Sturzhäufigkeit zusammenhängt. Und Stürze im Alter sind ein grosses Problem für den einzelnen Menschen wie auch für das Gesundheitssystem. Ab dem fünfundsechzigsten Lebensjahr nimmt die Sturzhäufigkeit merklich zu. Jeder Sturz bedeutet ein erhebliches Verletzungsrisiko und jede Verletzung führt zu Inaktivität. Und Inaktivität beschleunigt die Degenerationsprozesse. Mit Sport kann man den Kraftverlust verlangsamen und somit Stürzen vorbeugen.

Wie viel und welche Art Bewegung sind für ältere Menschen empfehlenswert?
Allgemeine Empfehlungen sind, täglich 75 Minuten Bewegung bei anstrengender Intensität oder 150 Minuten bei moderater Intensität. Moderate Intensität heisst: man kommt leicht ins Schwitzen, kann sich aber noch mit anderen unterhalten. Anstrengende Intensität bedeutet, dass man richtig ins Schnaufen kommt. Dazu sollten ältere Menschen zwei Mal pro Woche Kraft- sowie Beweglichkeitstraining und drei Mal pro Woche Gleichgewichtstraining machen.

Prof. Oliver Faude lehrt am 
Departement für Sport, Bewegung und Gesundheit (DSBG) der Universität Basel.
Prof. Oliver Faude lehrt am Departement für Sport, Bewegung und Gesundheit (DSBG) der Universität Basel. Credit: zvg

Das klingt nach sehr viel.
Ja, in der Summe ist das recht viel. Aber jede Bewegung ist gut. Bei Personen, die bisher inaktiv waren, zählt jeder Schritt. Jede Bewegung, die sie im Alltag machen, verbessert ihre Leistungsfähigkeit und damit auch die Gesundheit.

Was ist vom sportwissenschaftlichen Standpunkt interessant an Seniorensport?
Alles (lacht). Wir machen zum einen grundlagenorientierte Studien. Zum Beispiel wollten wir wissen, welchen Effekt Treppensteigen auf das Nerv-Muskel-­System hat. Oder wir haben Tests gemacht mit der Slackline, um zu schauen, wie der Balanceakt auf dem Seil auf ältere Menschen wirkt. Zum anderen sind wir sehr praxisorientiert. Im Moment beschäftigen wir uns mit der individuellen Umsetzung der vorhin beschriebenen Empfehlungen. Wir untersuchen integrierte Ansätze, um alle Elemente – von Kraft- über Ausdauer- bis zu Beweglichkeitstraining – in einer Trainingseinheit zu kombinieren. Dazu kreieren wir spannende Übungen und versuchen dabei auch die Kognition zu integrieren, zum Beispiel durch Rechenaufgaben. Denn kognitive Fähigkeiten sind ebenso wichtig, um Stürze zu vermeiden.

Hier kann ich mich über Angebote und Kurse informieren

In der Schweiz gibt es ein umfangreiches Angebot für Seniorinnen und Senioren. Viele Fitnessstudios haben speziell auf ältere Menschen zugeschnittene Kurse. Es gibt Personaltrainer, die auf Seniorinnen und Senioren spezialisiert sind. Einige Krankenkassen übernehmen die Kosten in den Zusatzleistungen. Tipps, Videos und konkrete Angebote finden sich zum Beispiel online bei Pro Senectute und der Beratungsstelle für Unfallverhütung (BFU). Die meisten Seniorenuniversitäten bieten ein Sport- und Kursangebot für ihre Mitglieder an, etwa in Basel, Zürich und Bern. Auch bei der Gemeinde kann man sich über Angebote in der Nähe informieren.

Inwiefern?
Wir wissen, dass viele Stürze bei Personen passieren, die anhalten müssen, um miteinander zu reden. Das ist ein wichtiger Indikator: Wenn eine ältere Person nicht mehr sicher gehen und sich gleichzeitig auf einen Gesprächsinhalt konzentrieren kann, wird es problematisch.

Wie wirkt sich genügend Bewegung auf das Wohlbefinden aus?
Körperliche Aktivität hat einen positiven Effekt auf die Psyche, zum Beispiel auf das Stressempfinden. Ausdauer- und Konditionstraining helfen, damit das Kreislaufsystem gesund bleibt und der Stoffwechsel weiter funktioniert. Ein gesundes Mass an Krafttraining stärkt die Muskelkraft. Wenn ich mehr Kraft habe, kann ich im Alter mehr Dinge selbständig erledigen.

«Die Kraft verringert sich um ungefähr 10 Prozent pro Lebensdekade.»

Autonom zu bleiben heisst auch, dass die Lebensqualität erhalten bleibt. Und mehr Kraft zu haben bedeutet, schneller gehen zu können. Man sagt, wer mindestens einen Meter pro Sekunde zurücklegen kann, ist fähig, sich gesund und sicher zu bewegen. Zum Beispiel schafft man es dann in der Regel, in der Zeit, in der die Ampel grün ist, die Strasse zu überqueren.

Welche Sportarten sind für ältere Menschen empfehlenswert?
Im Prinzip ist jede Sportart geeignet. Auch solche, von denen man es auf den ersten Blick nicht vermuten würde. Fussball zum Beispiel. Das ist ein super Sport in jedem Alter. Natürlich ist das Verletzungsrisiko beim Fussball gross, aber das kann man minimieren. Es gibt Ansätze für kontaktlosen Fussball für Senioren, da ist die Verletzungsgefahr dann tatsächlich minimal. Beim Fussball trainiert man Ausdauer, Motorik – und es braucht Gleichgewicht – indem man auf dem einen Fuss steht, während man mit dem anderen schiesst. Daneben braucht es Kraft. Also sind alle Elemente eines umfassenden Trainings integriert. Dasselbe gilt natürlich für alle Spielsportarten, aber beim Fussball gibt es eine wissenschaftliche Grundlage. Wir wissen, dass ein 60-Jähriger, der ein Leben lang Fussball gespielt hat, vom Herz-Kreislauf-System, von der Muskelkraft und vom Gleichgewicht her genauso fit ist wie ein 30-Jähriger Untrainierter.

Wie können sich ältere Menschen für den richtigen Sport entscheiden?
Das wichtigste Kriterium, damit man auch dranbleibt, ist der Spass. Die perfekte Sportart fördert Ausdauer, Kraft und Gleichgewicht und ist für die Person einfach und niederschwellig auszuüben, also in der Nähe des Wohnorts möglich. Für viele ältere Menschen sind sicher Schwimmen, zügiges Spazieren oder Nordic Walking geeignet. Wenn die Gelenke noch mitmachen, ist natürlich auch Joggen ideal. Aber wie gesagt, im Prinzip ist jede Sportart auch im höheren Alter möglich, wenn aus ärztlicher Sicht nichts dagegenspricht. Am besten berät man sich mit dem Hausarzt oder einer Sportmedizinerin.

Zum Schluss: Haben Sie konkrete Tipps für ältere Menschen, die Sport treiben möchten?
Bewegungschancen im Alltag zu nutzen. Also Treppe statt Lift zu nehmen, zum Bäcker zu gehen, statt mit dem Bus zu fahren. Mit Freunden zusammen Sport zu treiben. Zudem keine Angst vor Herausforderungen zu haben: Es darf auch im höheren Alter ein bisschen anstrengend sein, wenn auf die Sicherheit geachtet wird. Wer Angst vor Stürzen hat, sollte mit etwas Leichtem beginnen, bei dem er sich sicher fühlt.

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