Moderne Einrichtung in mittelalterlichem Rahmen: Das Dachgeschoss des Hauses Du Bourg in Biel gleicht eher einem Gesamtkunstwerk als einer Ferienwohnung.
Moderne Einrichtung in mittelalterlichem Rahmen: Das Dachgeschoss des Hauses Du Bourg in Biel gleicht eher einem Gesamtkunstwerk als einer Ferienwohnung. Credit: Gataric Fotografie
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Übernachten im historischen Ambiente

Die Stiftung Ferien im Baudenkmal vermietet in der ganzen Schweiz bauhistorisch wertvolle Häuser und Wohnungen. Das Spektrum reicht vom mittelalterlichen Bauernhaus über die Industriellenvilla bis zu Gebäuden der Moderne. Eine Entdeckung für alle, die genug haben von 0815-Ferienwohnungen.

Andreas Minder

In der Mitte des Burgplatzes in der Bieler Altstadt steht die Gerechtigkeit auf ihrem Brunnen. Wegen der Augenbinde sieht sie nicht, in was für ein malerisches Ambiente sie platziert wurde. Rundherum reihen sich stattliche Bauten aneinander: Stadttheater, Rathaus, Amtshaus, ehemalige Kanzlei. Und ein Haus, das mit Restaurant Du Bourg angeschrieben ist. Die barocke Fassade leuchtet weinrot, die Fenster sind von gelbem Kalkstein aus dem Steinbruch Hauterive im Neuenburger Jura eingefasst. Im Inneren erwartet die Gäste eine erlesene Küche mit Produkten aus der Region. Und für jene, die etwas länger sitzen bleiben und dem Wein so zusprechen, dass die Heimkehr zur Zumutung wird, gibt es im Dachstock des Hauses eine exklusive Übernachtungsmöglichkeit. Um sich dort ins Bett zu legen, muss man einfach noch in der Lage sein, eine mittelalterliche Wendeltreppe hochzusteigen.

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Dunkelbraune Dachbalken, unverputzte Wände, an denen hier und dort schwarze Pechstriemen herunterlaufen, ein mit quadratischen Tonplatten belegter Boden: Das ist der eindrückliche Rahmen der spektakulär inszenierten Wohnung. Das Eigentümerpaar Maria Wille und ihr Mann liessen das ganze Haus 2018 renovieren. Wie Wille erzählt, war das Dachgeschoss sehr bescheiden ausgebaut. So war etwa nur eine Handvoll der Platten übrig, die dem Boden heute sein ganz eigenes Gepräge geben. In der historischen Bauteilsammlung der Denkmalpflege des Kantons Bern fanden sie jedoch passenden Ersatz. Auch das prachtvolle Gitter vor dem Giebelfenster und der runde Ofen stammen aus diesem Lager.

Ergänzt werden die historischen Elemente durch moderne Einrichtungen, die der kürzlich verstorbene Architekt Guido Kummer zu grossen Teilen selbst entworfen hatte. Die Küchenzeile etwa, oder die skulptural anmutende Treppe in den oberen Stock, wo sich das Bett und Bad befinden. Auch Details wie die Kleiderhaken hat er für die Wohnung massgeschneidert.

Rezept gegen Verfall und Abbruch

Die Dachwohnung im Du Bourg ist eines von über fünfzig Objekten, die von der Stiftung Ferien im Baudenkmal vermietet werden. Sie sind über die ganze Schweiz verteilt und stammen aus verschiedensten Bauepochen. Die Stiftung, die 2005 vom Schweizer Heimatschutz gegründet worden ist, will zweierlei erreichen, wie Nancy Wolf, die für Marketing und Kommunikation zuständig ist, erklärt: «Zum einen sollen historische Bauten vor Verfall, Abbruch oder Leerstand bewahrt werden, zum anderen lernen die Gäste die vielfältige Schweizer Baukultur kennen und werden dafür sensibilisiert.»

Das Haus Tannen in Morschach SZ wurde 1341 er­richtet...
Das Haus Tannen in Morschach SZ wurde 1341 er­richtet...

Die Objekte der Stiftung Ferien im Baudenkmal bieten viel Ausser­ge­wöhnliches aus Jahrhunderten Schweizer Baukultur.

... das lichtdurchflutete Eichhölzli hoch über Biel fast 600 Jahre später.
... das lichtdurchflutete Eichhölzli hoch über Biel fast 600 Jahre später.

Das Du Bourg ist in mehrfacher Hinsicht ein typisches Objekt der Stiftung. Ein zentraler Punkt: Bei der Renovation wurde mit der historischen Bausubstanz sorgfältig umgegangen. Was das heisst, liegt allerdings nicht immer auf der Hand und erfordert Entscheidungen, wie Wolf sagt. «Die Häuser wurden über die Jahrhunderte immer wieder den Bedürfnissen ihrer Bewohner*innen angepasst. Oft stellt sich die Frage, wie weit das Objekt in seinen ursprünglichen Zustand zurückversetzt werden soll.» Die Lösung bestehe häufig darin, den Wandel sichtbar zu machen. Dass die Häuser nun als Ferienwohnung genutzt werden, ist das vorläufig letzte Kapitel einer langen Geschichte und bringt ebenfalls neue Bedürfnisse mit sich. So wurden alle Unterkünfte mit modernen Küchen- und Sanitäreinrichtungen ausgestattet.

Geschichte erleben

Die meisten Objekte, die über die Stiftung vermietet werden, gehören Privatpersonen. Nur elf befinden sich im Eigentum der Stiftung und wurden auch von ihr renoviert. Bei der Auswahl der Objekte werde darauf geachtet, dass möglichst viel von der historischen Bausubstanz erhalten sei, sagt Wolf. «Die Geschichte des Hauses soll sichtbar und erlebbar sein.» Zudem wolle man Unterkünfte aus allen Regionen und aus allen Bauepochen anbieten. «Im Moment wünschen wir uns mehr Objekte aus der Westschweiz, dem Kanton Basel und dem Appenzellerland.» Was die Epochen angeht, seien derzeit vor allem das 17., 18. und 19. Jahrhundert gut vertreten. Älter ist nur das Haus Tannen, ein Holzhaus in Morschach, Kanton Schwyz, aus dem Jahr 1341. Auch die Wohnungen aus dem 20. Jahrhundert sind Mangelware. «Da sind wir sehr offen für Hinweise», sagt Wolf.

Dies erfuhren auch Maria Wille und ihr Mann, die der Stiftung ausser dem du Bourg noch eine zweite Wohnung angeboten hatten: Sie befindet sich im dritten Stock des Mehrfamilienhauses «Eichhölzli» im Beaumont-Quartier im Norden der Stadt Biel. 1933 erbaut, ist das Gebäude ein typischer Vertreter der Schweizer Moderne, also einer der Epochen, aus der die Stiftung Objekte sucht. «Sie waren Feuer und Flamme», erinnert sich Wille. Nicht nur wegen der Bauzeit wie ein Augenschein zeigt: Umgeben von grosszügigem Grün, erinnert der Bau mit seinen abgerundeten Ecken und Balkonen an ein Schiff. Die Wohnung ganz in Weiss ist lichtdurchflutet und mit Designklassikern möbliert. Vom grosszügigen Balkon geht der Blick über die Stadt bis zu den Berner Alpen.

Sie und ihr Mann hätten sich für die Vermietung via Stiftung entschieden, weil sie als Mitglieder des Schweizer Heimatschutzes von der Idee überzeugt seien. Dazu komme eine Leidenschaft: «Wir richten wahnsinnig gern ein.» Würden sie die Wohnung auf herkömmlich Art vermieten, hätten sie das nicht ausleben können. Wille schätzt ausserdem den Kontakt mit den Feriengästen, die sich begeistert zeigten vom aussergewöhnlichen Ort. «Viele Leute bedanken sich – obwohl sie ja bezahlen für den Aufenthalt.»

Städtische Klientel

Die Gäste von Ferien im Baudenkmal kämen mehrheitlich aus den urbanen Gebieten der Schweiz, zunehmend auch aus dem nahen Ausland, sagt Nancy Wolf. «Gemeinsam haben sie, dass sie architekturinteressiert und nachhaltigkeitsorientiert sind und in den Ferien Erholung in ästhetischer Atmosphäre suchen.» Das hat seinen Preis der je nach Baudenkmal und Lage variiert. Eine goldene Nase verdiene sich die Stiftung damit aber nicht. «Die Einnahmen aus den stiftungseigenen Objekten verwenden wir, um die bestehenden Objekte langfristig zu erhalten.»

Für die Restaurierung neuer Objekte reicht es jedoch nicht. Dafür ist die Stiftung auf Spenden und Darlehen angewiesen und wird auch vom Bund unterstützt. Die Eigentümer*innen, die ihre Ferienwohnungen über die Stiftung vermieten, geben insgesamt 20 Prozent der Einnahmen an die Stiftung und deren Buchungspartner ab. Die Renovations- und Unterhaltskosten tragen sie selbst, was bei so speziellen Objekten ins Geld geht. «Sie werden nicht reich damit», sagt Nancy Wolf. «Es sind Liebhaberobjekte von Eigentümer*innen, die selbst eine Affinität für Baukultur haben und sich für ihren Erhalt engagieren.»

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