«Auf Naturseifen wartete anno dazumal niemand – heute sind sie der Renner»
Als junge Frau gründete Simone Regli die erste Seifensiederei Berns. Die ungewöhnliche Geschäftsidee traf einen Nerv, mit dem Seifenbären hat die Unternehmerin Geschichte geschrieben. Auch über zwei Jahrzehnte später sind ihre von Hand gegossenen Seifen begehrt.
Alexandra Bucher
Mit einem Strahlen im Gesicht, das der aufgehenden Sonne in nichts nachsteht, begrüsst mich Simone Regli im Seifenatelier. Genauer im Hygieneraum der Stiftung Transfair in Thun, einer Stiftung für berufliche Integration. Hier siedet die 54-Jährige gemeinsam mit vielen helfenden Händen ihre Seifen unter dem Claim bblubb – die Berner Seifenmanufaktur. Es ist vom ersten Moment an offensichtlich: Diese Frau liebt, was sie tut. «Seifen machen ist wie Kuchen backen, aber ohne Kalorien und Altlasten – das ist mega!», bemerkt Regli.Das erste Mal stand sie vor rund 25 Jahren in der Back-, exgüsee: Seifenstube. Ihre Passion wuchs aus einem Nebenjob während ihrer Ausbildung zur Bewegungspädagogin. Sie assistierte einer Drogistin dabei, Kosmetikartikel wie Salben, Cremen, Balsame und Co herzustellen. Da war es um sie geschehen. Dermassen angetan vom damaligen Arbeiten mit den Händen, wollte sie Jahre später etwas Eigenes schaffen.
Lädeli für Lädeli abgeklappert
Seifen sollten es sein, sagte sie sich. «Meine erste Seife siedete ich im eigenen Garten – ich rührte und rührte, und es rauchte und qualmte.» Regli wurde für ihre Idee, Stückseifen zu vermarkten, belächelt. «Damals goss in Bern noch keiner Seifen, auf Naturseifen wartete gefühlt niemand», erzählt sie. Doch die junge Frau liess sich nicht beirren und klapperte auf ihrem Velo Lädeli für Lädeli ab und bot ihre Stückseifen feil. Mit mässigem Erfolg.
Beim Kramen in einer Schublade fiel ihr eines Tages eine Schoggigussform in Gestalt eines Bären in die Hände. Das brachte sie auf die Idee: «Ich könnte doch mal eine Bärenseife giessen!» Dass ihr Berner Seifenbär Geschichte schreiben würde, hätte sich Regli in ihren kühnsten Träumen nicht vorstellen können. Aber dazu später mehr.
«Meine erste Seife siedete ich im eigenen Garten – ich rührte und rührte, und es rauchte und qualmte.»
Seifen giessen mit dem sozialen Etwas
Zurück im Seifenatelier der Stiftung Transfair. Als Allererstes werden Schutzbrille, Mundschutz und Handschuhe montiert. Denn Lauge ist nicht gerade freundlich zu Haut und Schleimhäuten. Shirin, eine Mitarbeiterin der Stiftung, zeigt mir, wies geht: Zuerst giesst sie die erkaltete flüssige Lauge in die Ölmischung (pflanzlich oder aus gereinigter Rinderbutter für die Food-Waste-Naturseifen) und vermischt die Komponenten mit dem Stabmixer. Sobald mit Öl vermischt, beginnt die sogenannte Verseifung. Bei diesem chemischen Prozess spricht man von «in schonendem Kaltverfahren» hergestellten Naturseifen.
Mit der Stiftung Transfair arbeitet Regli erst seit Kurzem zusammen. Vorher siedeten Insassen der Justizvollzugsanstalt Thorberg die Seifen für bblubb. An Transfair schätzt die Geschäftsfrau besonders den sozialen Aspekt. Die Stiftung verbindet Wirtschaft und Gesellschaft dank Arbeit. Menschen mit vorwiegend psychischen Herausforderungen erledigen Aufträge für Kund*innen aus der Privatwirtschaft – wie eben Seifen sieden für Regli respektive deren Kundinnen und Kunden. «Ich finde es toll, dass Transfair jemanden anstellen kann für 20 bis 30 Prozent», sagt die Bernerin. Sie hilft also mit, Arbeitsplätze zu schaffen und den bei Transfair Beschäftigten den Weg zurück ins Berufsleben zu erleichtern. Und umgekehrt erhält sie wertvolle Hilfe beim Seifensieden. Noch selten hat der Spruch «Die eine Hand wäscht die andere» so gut gepasst.
Sobald die Laugen-Öl-Mischung die richtige Konsistenz hat – noch nicht zu dick und zu hart –, kommen wahlweise weitere Zutaten wie Duftstoffe oder Kräuterzusätze in den «Seifenleim». Dann giesst Shirin die Masse in die Form, und die Verseifung nimmt ihren Lauf. Dabei bildet sich schonend Glycerin: Die Seife erhitzt sich zunächst selbst und wird dann immer kälter und härter. Rund 24 Stunden später ist es so weit: Die Seife ist ausgehärtet, und die junge Frau kann den Block in Einzelstücke teilen und mit individuellem Firmenlogo stempeln. Das geht ruckzuck, und zwei Dutzend nach Orange duftende Handseifen folgen schon bald ihrem Ruf, der da lautet: «Suberi Pfote für aui!»
Zurück zu Reglis Anfängen. Die junge, noch unerfahrene Seifensiederin klopfte mit ihrem Berner Seifenbären im Gepäck bei Bern Tourismus an. «Ich dachte, das wird eh nichts.» Aber falsch gedacht. Den Leuten gefiel, was sie sahen. Sie erteilten Regli ihren ersten Auftrag für 300 Seifenbären. Und wie es so ist, wenn man sich traut, seinen eigenen Weg zu gehen, seinen Traum zu leben: Das eine führt zum anderen. Der eine Auftrag brachte den nächsten.
An neuen Kreationen pröbeln
Ihr kleines Atelier von dazumal in der Länggasse hat die Berner Seifenpionierin behalten. Hier pröbelt sie gern an neuen Seifenkreationen für ihre Kundinnen und Kunden. Die meisten Aufträge erhält sie von Firmen, die ihre bblubb-Seifen im Sinne von Giveaways an ihre Kund*innen verschenken. Gegen einen Verkaufsladen hat sie sich bewusst entschieden, weil sie dadurch zu sehr gebunden wäre.
Wer nun ernüchtert mutmasst, wohl nicht so schnell in den Genuss einer bblubb-Seife im eigenen Bad zu kommen, wird sich freuen: Die Seifen gibt es in einigen Läden Berns zu kaufen, zum Beispiel bei Bern Welcome, im Coop, bei Loeb, im Yamatuti, bei Iljos Sonne oder im Swiss Design Market an. Auch in Thun sind bblubb-Seifen im Carré und in der Hotelfachschule erhältlich. Suberi Sach!
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